BAROCKES ST. JOHANN IN TIROL

Die Gemeinde St. Johann in Tirol verdankt ihren Beinamen „Barockes St. Johann“einigen qualitätvollen Gebäuden und Kunstwerken aus dem 17. und 18. Jahrhundert.

Das früheste Beispiel barocker Kunst in St. Johann ist die Antoniuskapelle, die sich Dekan Jacob von Berti 1669-1674 als Grabdenkmal errichten ließ. So steht der achteckige Grundriss auch ganz in der Tradition der Grab- und Memorialbauten aus der Renaissance. Der Altar ist im Stil des höfischen Barock gehalten und birgt ein Altarbild des hl. Antonius von Padua.

Die qualitätvollen Heiligenfiguren in den acht Ecken der Kapelle schuf der Kitzbüheler Bildhauer Benedikt Faistenberger. Sie stellen die Bergbauheiligen Barbara und Daniel, die Wetterpatrone Johannes und Paulus, die Pestpatrone Sebastian und Rochus sowie die Familienpatrone Joachim und Josef dar.

Die Kuppel birgt ein historisch und künstlerisch bedeutsames Monumentalfresko von Josef Schöpf aus dem Jahr 1803. Es wurde von der St. Johanner Bürgerschaft als Dank für die Verschonung des Ortes in den Napoleonischen Kriegen gestiftet. Maria und Antonius erbitten bei der Dreifaltigkeit Schutz vor den französischen Soldaten. Eine Ansicht von St. Johann in Tirol findet sich am unteren Rand des Freskos, eingebettet in ein monumentales Panorama des St. Johanner Talkessels und der umliegenden Berge. Dieser Rundblick gilt als älteste Panoramadarstellung einer Tiroler Berglandschaft.

1723 – 1732 wurde die Dekanatspfarrkirche vom bayerischen Baumeister Abraham Millauer anstatt einer zu klein und baufällig gewordenen gotischen Pfarrkirche errichtet. Sie steht mit ihrer einheitlichen Ausstattung am Beginn des Hochbarock im Tiroler Unterland.

Die Gewölbefresken sind ein Frühwerk des Kitzbüheler Malers Simon Benedikt Faistenberger und zeigen die drei Kirchenpatrone, Johannes den Täufer, Johannes den Evangelisten und die Gottesmutter Maria. Weiters die Aufnahme der Büßerin Maria Magadalena in den Himmel und eine scheinarchitektonisch gemalte Kuppel. Die reichhaltigen Stukkaturen mit den für die 30-er Jahre des 18. Jahrhunderts typischen Laub- und Bandlwerkornamenten stammen von den Wessobrunner Meistern Gabriel Zipf und Georg Edl. Der Salzburger Bildhauer Georg Doppler schuf das qualitätvolle Marmorportal sowie die hochbarocken Seitenaltäre.

Der monumentale Hochaltar und die Kanzel wurden von Anton Gigl in Stuckmarmor gefertigt. Alle Altarbilder stammen vom Hofmaler der Salzburger Erzbischöfe, Jacob Zanusi. Sie zeigen am Hochaltar Maria Himmelfahrt mit den Kirchenpatronen Johannes dem Täufer und Johannes dem Evangelisten sowie die hll. Barbara und Katharina, an den Seitenaltären die hll. Franziskus und Notburga (rechts innen), Johannes Nepomuk und Martin (links innen), die Bergbaupatrone Barbara und Daniel (rechts außen) sowie die Gottesmutter, die dem hl. Dominikus den Rosenkranz überreicht (links außen).

Außer diesen bedeutenden barocken Kunstwerken befindet sich auf dem rechten Seitenaltar eine sitzende gotische Madonna mit Kind aus der Werkstatt des Meisters von Seeon von 1450, die offensichtlich schon am Hochaltar der alten St. Johanner Pfarrkirche aufgestellt war.

Die gotische Filial- und ehemalige Spitalskirche St. Nikolaus in der Weitau wurde 1262 von den Herren von Velben zusammen mit einem Pilgerhospiz gestiftet. Von der mittelalterlichen Ausstattung sind noch zwei qualitätvolle Grabsteine aus der Übergangszeit von der Gotik zur Renaissance sowie das einzige in Tirol erhaltene gotische Fenster mit Glasmalereien aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts und die beiden ältesten Glocken Tirols aus dem Jahr 1262 erhalten. Außerdem finden sich im Dachboden über dem barocken Gewölbe noch Reste von Fresken aus dem 15. Jahrhundert mit einer Darstellung des Himmlischen Jerusalem.

1744/45 wurde die Kirche barockisiert. Auch hier malte der Kitzbüheler Meister Simon Benedikt Faistenbeger die Gewölbefresken mit Darstellungen der hl. Nikolaus und Johannes Nepomuk sowie der vierzehn Nothelfer, während der kaiserliche Hofmaler Josef Adam Mölk die Wandfresken mit Ölberg- und Kreuzigungsszene sowie den Brückensturz des Hl. Johannes Nepomuk schuf. Das Altarbild von Michael Greiter zeigt die hll. Nikolaus und Margarethe, und die Stukkaturen stammen aus der Werkstatt des Wessobrunner Meisters Johann Georg Üblher. Sie gehören zu den qualitätvollsten in Tirol.

Der Pfarrhof (um 1400 errichtet) war von 1446 bis 1808 Pastoralresidenz der Bischöfe von Chiemsee und wurde im Jahre 1621 Dekanatssitz. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ließ ihn der Chiemseer Bischof Ferdinand Christoph von Waldburg-Zeil-Trauchburg im barocken Stil ausbauen. Im Obergeschoß befindet sich ein Fresko aus dem 15. Jahrhundert mit der ältesten Darstellung der Kirche und des Pfarrhofes von St. Johann sowie eine bemerkenswerte Galerie mit Portraits aller St. Johanner Pfarrer und Dekane seit dem 15. Jahrhundert.

Das Weihsbrodt-Haus (Wieshoferstraße 2) wurde von Dekan Matthias Wieshofer gegen Ende des 18. Jahrhunderts als Gästehaus errichtet.

1696 wurde die Einsiedelei am Fuße des Niederkaisers errichtet. Die Wallfahrtskapelle „Maria Blut“ birgt ein barockes Säulenaltärchen mit einer Kopie des Gnadenbildes von Ré in Piemont. Seit ihrer Gründung wird die Einsiedelei ununterbrochen von Eremiten bewohnt.

Die Gmailkapelle, 1782 in eine kleine Felsgrotte gebaut, ist ein hochbarocker Zentralbau mit Flachkuppel und mit Heiligenmedaillons und Rokokostukkaturen versehen. Die beliebte Wallfahrtskapelle hoch über dem Tal ist äußerst reizvoll an den Felswänden des Niederkaisers gelegen.

Der Name „Gmail“ kommt von einem, der Legende nach wundertätigen, Gemälde der Gottesmutter Maria, das ursprünglich in dieser Felsgrotte angebracht war und für das 1623 eine erste Wallfahrtskapelle errichtet wurde. Die Jahreszahlen am Felsen neben der Kapelle 1719 und 1744, bezeichnen weitere Bauten, die wahrscheinlich aus Holz errichtet waren. Der heutige Rokokobau von 1782 dürfte vom Kitzbüheler Baumeister Andreas Hueber stammen.

In Verwechslung mit der Google-Domain @gmail.com wird der Name der Gmailkapelle heute meist falsch ausgesprochen.

Die Johannes-Nopumuk-Statue auf der Brücke über die Pillersee-Ache wurde 1718 vom Chiemseer Bischof Franz von Wagensberg gestiftet. Sie wird dem Salzburger Bildhauer Joseph Anton Pfaffinger zugeschrieben und ist eine der frühesten und qualitätvollsten Darstellungen dieses Heiligen in Tirol.

In der Friedhofskapelle bei der Pfarrkirche finden sich Fresken der Kreuzigung und Auferstehung Christi vom Kitzbüheler Meister Simon Benedikt Faistenberger.

Die Fixlerkapelle in Apfeldorf wurde 1691 errichtet und birgt neben einem Fresko des hl. Sylvester barocke Statuen der hll. Franzuskus und Antonius sowie der Gottesmutter Maria mit Kind. Auf einem frei gelegten Wandfresko sind mehrere adelige Stifterfiguren dargestellt.

Weitere sehenswerte Kapellen mit interessanter Ausstattung finden sich in den Weilern Reitham, Mühlbach und Alpbach, zu „Windegg“ am Kitzbüheler Horn unterhalb des Gasthofes Almhof, sowie beim ehemaligen Theresienbad „Samerbadl.“

Das Schwarzinger-Haus (Wieshoferstraße 19) ist ein prachtvolles barockes Bauernhaus mit reicher ornamentaler Rokokomalerei und mit Darstellungen der Marienkrönung sowie der hll. Josef und Johannes Nepomuk.

Das Schellhornhaus (Hauptplatz 2) stammt aus dem 18. Jahrhundert und zeigt am Erker ein Relief der hl. Familie mit Johannes dem Täufer sowie an den Fenstern erneuerte Rokokomalereien.

Der „Kratzerbäck“ (Kaiserstraße 36, heute Sparkasse) stammt aus dem 17. Jahrhundert. Die qualitätvollen Malereien von 1778 an der Fassade wurden erst Anfang des 21. Jahrhunderts entdeckt und wieder frei gelegt.

Darüber hinaus gibt es in der Umgebung des Ortes noch einige Bauernhöfe, die interessante Baudetails und Dekorationen aus der Barockzeit aufweisen, wie die Höfe „Hintergrandern“ (Römerweg 56), „Rehler“ (Innsbruckerstraße 85), „Alpbachschmied“ (Winkl-Schattseite 102), „Horndachern“ (Oberhofen 11) und „Schwentling“ (Schwentlingweg 7).

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